Whisky-Degustation in der Waag

Wer mich kennt, weiss, dass ich Single Malte liebe, insbesondere auch die torfig-rauchigen. Der eine oder andere Bruichladdich hat es deswegen schon bis zu mir geschafft. An einer Degustation nur mit deren Produkten hatte ich aber noch nie teilgenommen. Entsprechend reizte mich natürlich der Event des Teams vom Gasthof zur Waag, Bad Zurzach:

Mit Ewald Stromer hatten die einen fundierten Kenner engagiert. Der, wie sich dann zeigte, auch Unterhaltungspotenzial mitbringt.

Zum Apero (den ich vorsichtigerweise ausliess) servierte das Waag-Team gleich die erste Überraschung: Bruichladdich Gin – The Botanist:

 

Das Produkt, eigentlich eine Verlegenheitslösung, weil die Destillerie von 1994 bis 2001 geschlossen war,  keinen Whisky produziert und damit nach der Wiedereröffnung auch nichts zu verkaufen hatte, ist inzwischen ein Renner. Hergestellt aus 21 Kräutern, die auf den Hebriden von Hand gesammelt werden, mit etwas Wacholder, der nun neu wieder auf der Insel angepflanzt wird. Die ursprünglichen Bestände waren seinerzeit von Schwarzbrennern verbrannt worden, weil Wachholder im Gegensatz zu Torffeuern nicht raucht und sie deswegen nicht verraten konnte.  

 

Damit war auch gleich der Grundtenor des Abends gesetzt: Neben Informationen zu den einzelnen Whisky lieferte Ewald nämlich wunderbare Anekdoten aus der langjährigen Geschichte der Destillerie, die heute noch viktorianisch unterwegs ist. Das modernste Gerät in der Brennerei ist ein White Board - und das auch nur, weil die Schiefertafel vor einigen Jahren runter gefallen ist. Computer sucht man da vergeblich – die gibt's dafür im Marketing und sorgen für teilweise überraschendes Design von Flaschen und Etikett.

 

Start der Degustation machte der Classic Laddie: ein multi-generation Whisky mit 50 Volumenprozent. Via Batchnumber kann nachverfolgt werden, welche Whisky an dessen Herstellung beteiligt waren und wie alt deren jüngster war. Geschmacklich eher süss, Vanille und Karamell, für mich etwas zu lieblich. Ein Lady's Whisky - und bei Whisky bin ich definitiv keine Lady!

Bruichladdich Islay Barly 2013 (Link auf der Originalwebsite funzt aus irgendeinem Grund nicht). Seit fast zwei Jahrzehnten engagiert sich Bruichladdich für den Anbau von Gerste auf der Insel. Der Bruichladdich Islay Barley 2013 ist deren achte Ausgabe von ungetorftem, lokal angebautem Single Malt. Ich schmecke Feige und Pflaume, finde ihn "nice", aber immer noch viel zu lieblich …

Weiter ging es mit The Organic 2011. Leicht, cremig, Butterkuchen … Nichts zu meckern, aber eben immer noch ein Lady's Whisky ... Ewald amüsierte sich prächtig, wusste er doch, dass nach der Pause "meine"  Sorten dran kommen: Heavily peated. Yay!


Viel Freude hatte ich aber wiederum an den Geschichten hinter den Flaschen: Durch das Engagement von Bruichladdich (bzw. dem Rémi Martin Konzern, zu dem die Destillerie inzwischen gehört) bauen inzwischen 20 Farmer auf Islay biologisch Gerste an. Von den knapp 3000 Einwohnenden der Insel hängen direkt oder indirekt 1200 Menschen ab. Da nach dem Brexit der Bereich Viehzucht nicht mehr subventioniert wird (hatte die EU gemacht) ist dies für viele Familien existenziell.

Unter dem Namen Port Charlotte (einer Destillerie, die zum Konzern gehört, aber aktuell nicht betrieben wird) vertreibt Bruichladdich die für Islay typischen Heavily Peated Whisky, mit 40 ppm, also der Stärke  von Laphroaig. Aber im Gegensatz zu letzterem, der in den Worten von Ewald Stromer das Feuer von Mordor verkörpert, ist der Rauchgeschmack von Port Charlotte gemässigt elegant. Um das zu beweisen, kredenzte er uns als erstes den "getorften Bruder des Classic", Port Charlotte 10. Und ja, langsam kamen wir der Sache näher :-) Gut, dass die Leute von der Waag uns auch was zum Knabbern hingestellt hatten …

Islay Barley 2013 ist der ebenfalls rauchigere Bruder des oben genannten Whisky aus Gerste, die auf Islay selber angebaut, allerdings aktuell noch in Inverness gemälzt wird. Der Rauchgeschmack ist hier eher versteckt, der erste Eindruck ist wuchtig, leicht salzig, Meergischt. Kleine Anekdote auch hier: Die Gerste auf Islay muss spätestens im September geerntet sein, denn da kommen die Zugvögel zurück – und für die ist das ein Schlemmerbuffet.

Die beiden letzten Whisky stammen aus der Cask Exploration Series, bei denen der Whisky mit mehreren unterschiedlichen Fässern veredelt wird. Der MRC-01 ist aktuell im Handel nicht mehr erhältlich. Aber sehr, sehr fein!

 

Hier deren eigene Beschreibung dazu: 
"With over 200 different cask types maturing in our warehouses, our cask exploration series showcases the influence of wood on our heavily peated spirit. Bottled at 59.2% alcohol and in limited numbers, we introduce the Port Charlotte MRC:01 2010.

Distilled from 100% Scottish barley, from the Inverness hire region, this sweet and fruity spirit has spent time in first-fill American whiskey casks and second-fill French wine casks. These component parts have been combined and matured for an extra year in the finest French oak from the Bordeaux left bank." Gemäss Ewald sind es inzwischen über 300 Fass-Arten, und die geben teilweise ein Vermögen für die Fässer aus.

Zwischendurch wieder eine Anekdote: Als eine alte Destillerie rückgebaut werden sollte, rief der mit der Sprengung und Entsorgung beauftragte Ingenieur bei Bruichladdich an, ob er eventuell das eine oder andere brauchen könnte. Der Chef-Destiller machte sich mit einigen Leuten auf und wählte "grosszügigerweise" ein paar Stills und Brennblasen aus – "alles Schrott, aber vielleicht gut für Ersatzteile". Mit relativ wenig Bargeld und etwas gutem Whisky wurde der Ingenieur bezahlt, etwas mehr Whisky wurde investiert, um das Zeugs per Schwertransportbarke heim zu bringen. Dieser Transport wurde von Satelliten registriert – und löste einen Alarm aus. Darauf bezieht sich das Lied von Robin Laing, We can't let Al Qaeda get their Hand on this, aus dem Album "One for the Road".

 

Der SC01 Port Charlotte besteht aus Gerste von Islay – und verdankt seine Aromenvielfalt ebenfalls den Fass-Spielereien: 

 

"A combination of sherry butts and first and second fill American whiskey barrels were recasked at different points of maturation into some of the finest Sauternes wine casks from the left bank of the Garonne River in Bordeaux.

The result is a complex recipe which culminates in a classic example of our peated single malt; the mellow, floral-style hints of gorse complement honeyed coconut and fudge before opening into the Port Charlotte BBQ peat smoke." Ich liebe ihn! Und ja, einmal mehr zeigte sich, dass ich in Sachen Whisky eher einen teuren Geschmack habe. Aber hey, ich hatte am Tag zuvor an meiner neuen Stelle angefangen … Das ist doch ein Grund zum Feiern, oder?

Mein Fazit:

  • Bruichladdich hat einiges mehr im Angebot, als mir bewusst war (es gäbe noch mehr zu entdecken).
  • Das Stübli in der Waag und die damit verbunden eher kleine Gruppe von Gästen bilden einen hervorragenden Rahmen für derartige Anlässe.
  • Der gereichte Apero war sehr fein. Bei 7 Degustationsgläsern brauche ich aber das nächste Mal definitiv eine solidere Grundlage. Hicks!

Danke an das Waag-Team und an Ewald für das "betreute Trinken!"

 

Und weil's so gut passt, hier noch das neueste Video des Whisky Barden Robin Laing, mit dem ich auch schon den einen oder anderen Dram genossen habe:

Kommentar schreiben

Kommentare: 0